Ein Monat in Ecuador

Buenas dias,

Jetzt bin ich bereits seit einem Monat in Ecuador und die zweite Woche in der Gastfamilie sowie in der Schule. Daher steht nun der erste Bericht an meine Entsendeorganisation, den SCI, an. Von den neun Seiten, die ich geschrieben habe, teile ich hier das interessanteste: Wie ist es in der Schule? Wo wohne ich?

 

Was ist dein erster Eindruck von deinem Projekt? Welche Aufgaben übernimmst du bereits, bzw. welche Aufgaben wirst du übernehmen?

Die Englisch-Lehrerinnen und Lehrer, mit denen ich zusammenarbeite, sind sehr nett und erleichtern durch ihre Freundlichkeit und Offenheit den Anfang an der Schule sehr. Die Fachbereichsleiterin Paty ist unsere Ansprechperson für alle Fragen und für das Organisatorische. In der ersten Woche bin ich mit verschiedenen Lehrkräften mit in ihren Unterricht gegangen. Abhängig von der Person und der Unterrichtssituation haben sich meine Aufgaben unterschieden. Bei einigen habe ich nach einer kurzen englischen oder zweisprachigen Vorstellung einfach nur zugehört und zugeschaut. Einige Klassen haben mir Fragen über mich, die Sprachen Deutsch und Englisch, über die Schule in Deutschland, Deutschland und meinen Eindruck von Ecuador gestellt.  Oft sollte ich Wörter oder Sätze vorsprechen, damit die Schülerinnen und Schüler eine andere Aussprache kennenlernen. Bei Einzelarbeiten kann ich herumgehen und einzelnen Schülern/-innen helfen.  Am zweiten Tag sollten mein Mitfreiwilliger Immo und ich, nach einer kurzen Phase mit der Lehrerin, ihren Unterricht für den Tag übernehmen. Mit den Elft- und Zehntklässlern/-innen haben wir dann alleine die Aufgaben gemacht, die sie uns gegeben hat, und beispielsweise aktive in passive Sätze umgeschrieben oder die Steigerung von Adjektiven erklärt.

Seit Montag haben wir nun eigene Stundenpläne. An verschiedenen Tagen gehen wir regelmäßig mit verschiedenen Lehrkräften mit. Dadurch sollen wir das gesamte Englisch-Kollegium kennenlernen und uns in den verschiedenen Institutionen zurechtfinden. Die Schule ist nämlich eine sogenannte Unidad Educativa, die aus dem Zusammenschluss von drei Schulen und einem Kindergarten entstanden ist. Die Schulleitung und die Verwaltung sind gemeinsam, trotzdem sind die einzelnen Teile räumlich durch Mauern stark voneinander getrennt.  Nach Schulbeginn um sieben Uhr ist es schwer, von einem Teil in den anderen zu kommen, weil die Türen verschlossen sind und nicht mal die Leiterin der gesamten Englischfachschaft die passenden Schlüssel besitzt. Auch gibt es mehrere General Inspektor (zuständig für alles Disziplinarische und die Person, die die Übersicht über die Stundenpläne hat und den Schulgong tätigt). Auch die Schulstunden und Pausen sind unterschiedlich geregelt. Dadurch fang ich gefühlt nicht nur an einer Schule an, sondern an drei.

Das Schulgelände (Source: Maps.me)

Montags sind wir nachmittags in den beiden obersten Jahrgangsstufen des Colegios (12. und 13.), die Bachillerato machen (wie das Abitur) und gleichzeitig einen beruflichen Abschluss erwerben können (z.B. mechanisch oder elektrotechnisch). Dienstags arbeiten wir vormittags mit der Oberstufe im Colegio (10. – 13.). Mittwochs sind wir an der einen Escuela und helfen in den jüngeren Klassen (2.-4.). Donnerstags und freitagsmorgens bin ich bei den Siebtklässlern, von denen ich schon einige aus der ersten Woche kenne. Die Kinder sind sehr nett und grüßen mich, wenn sie mich auf dem Schulgelände treffen. Doch die Schule ist sehr groß, mit ca. 4.000 Schülerinnen und Schülern eine der größten im Umkreis. Außerdem wechsele ich zurzeit noch sehr häufig die Klassen, die darüber hinaus sehr groß sind, im Durchschnitt ca. 35 Schülerinnen und Schüler in einer Klasse, und in der Escuela gibt es meist neun Parallelklassen in einer Stufe.  Daher bin ich bis jetzt noch nicht gut darin, die Schülerinnen und Schüler wiederzuerkennen.

Nach zwei Woche will ich noch nicht viel über das Verhalten im Unterricht oder das Niveau sagen, weil ich gerne noch mehr Eindrücke sammeln will. Beim ersten Kennenlernen in den Klassen war ich häufig entsetzt darüber, dass selbst die Elftklässler/-innen, die seit vielen Jahren Englisch haben, sich nicht fehlerfrei mit Name, Alter und einer Sache, die sie mögen, vorstellen können.  Einige Lehrkräfte sprechen viel Spanisch und kaum Englisch mit der Klasse, wodurch einige Schülerinnen und Schüler das Englisch meiden und Anweisungen wie „Read the introduction“ oder „Repeat“ nicht verstehen. Für mich ungewohnt ist auch, dass es meist geduldet wird, dass sich keiner meldet und man einfach rein ruft beziehungsweise einzelne Schüler/innen an die Tafel geholt werden.

Wie ist deine Unterkunft und Verpflegung?

Mein Zimmer in der Gastfamilie

Ich wohne in der Innenstadt Riobamba, zu Fuß läuft man etwa fünf Minuten zu dem zentralen Bahnhofsplatz, zum Mercado oder zum nächsten Supermarkt. In die Schule laufen wir ungefähr eine halbe Stunde. In dem Haus meiner Gastfamilie wohnen drei Generationen zusammen. Ich lebe im Erdgeschoss mit Mariana, einer älteren Frau. Dort habe ich ein eigenes großes Zimmer und darf einige Fächer der Schrankwand nutzen. In den beiden Stockwerken darüber wohnen ihre beiden Söhne mit ihrer Familie. Die Familie im ersten Stock hat eine siebzehnjährige Tochter. Im zweiten Stock hat das Paar zwei erwachsene Kinder. Bei ihnen wohnt Immo, ein weiterer deutscher Freiwilliger, mit dem ich mich gut verstehe und täglich zur Schule laufe. Im Haus leben außerdem zwei Hunde.

Ich frühstücke meist alleine um sechs, weil ich vor meiner Gastmutter aufstehe. Meist esse ich Müsli mit Früchten, was ich mir selbst kaufen soll. In die Schule nehme ich eine Banane oder Mandarine mit. Nach der Schule esse ich mit meiner Gastmutter zu Mittag, es gibt jeden Tag Reis mit verschiedenem Gemüse oder Pommes und Ei, dazu einen Salat oder vorher eine sehr leckere Suppe. Zum Trinken gibt es mittags frisch gepressten Saft. Am Anfang hat meine Gastmutter nicht so viel damit anfangen können, dass ich Vegetarierin bin, und gefragt, ob ich beispielsweise Reis, Brot oder Kartoffeln essen würde. Allmählich hat sie sich damit abgefunden, dass ich beispielsweise kein Hühnchen oder Meerschweinchen esse. Um 19 Uhr gibt es ein Brötchen oder ein Rührei und den allabendlichen Tee. Wenn ich später heimkomme, esse ich meist nichts mehr. Am Wochenende essen wir manchmal mit der gesamten Großfamilie oder die achtzigjährige Schwester kommt mit ihrem Mann zum Frühstück nach dem sonntäglichen Gottesdienst.

Oben: Reis, Kochbananen und Linsen, rechts: Gruppen-Obsteinkauf (insgesamt nur ca. 8$ gekostet), Unten: Frühstück

Hast du schon Personen außerhalb der Partnerorganisation und des Projekts kennen gelernt, mit denen du deine Freizeit verbringst? Hast du genug Rückzugsmöglichkeiten oder hättest du gerne mehr Kontakte?

Kletterhalle

Ich bin zurzeit ganz zufrieden – dafür, dass wir erst die zweite Woche hier sind, habe ich schon Personen kennengelernt und Aktivitäten gefunden, die ich machen kann. Nach der Schule kann ich in die Kletterhalle gehen, wo ich schon einige Personen kenne. Der Kletterverein/die Kletterschule bietet am Wochenende Touren an, um am Fels zu klettern, wandern bzw. bergsteigen zu gehen. Letzten Sonntag sind Immo und ich klettern gegangen, und haben dort zu anderen Kontakte geknüpft, die wir auch in der Halle abends treffen.

Mit Immos Gastgeschwistern (Marianas erwachsenen Enkeln) waren wir am letzten Samstagabend unterwegs und haben Freunde und Verwandte getroffen.  Außerdem haben wir uns mit einer anderen deutschen Freiwilligen Katharina, die das Jahr in Riobamba ist, getroffen und mit Frederik, der vor drei Jahren mit dem SCI als Freiwilliger in Riobamba war und nun für drei Monate wiedergekommen ist. Sein Gastbruder hat mir das Kulturzentrum Casa de la Cultura gezeigt, dort möchte ich nächste Woche mal hingehen.

Wie siehst du deine sprachlichen Fähigkeiten? Kannst du einen Sprachkurs besuchen? Welche Sprache sprichst du am meisten und mit wem?

In Quito hatte ich zwei Wochen Sprachkurs (siehe oben). Mit meiner Gastfamilie spreche ich Spanisch, mit den Englisch-Lehrern/innen mehr Spanisch als Englisch, mit den Schülern/innen Englisch und Spanisch, in der Kletterhalle Spanisch und Englisch, wenn wir das Spanische nicht verstehen. Mit Katharina und Immo, den beiden anderen Freiwilligen Deutsch.

Ich verstehe das Spanische meist schon sehr gut, auch wenn ich Wörter nicht kenne, lässt es sich dann meist aus dem Kontext schließen, was gemeint ist. Beim Sprechen mache ich häufig noch Fehler bei den Verb-/Zeitformen, aber kann mich trotzdem verständigen. Meine Gastmutter sagt mir, wenn sie mich mal nicht versteht, dann wiederhole ich es mit andern Wörtern. Schwierig finde ich es zurzeit noch, die Höflichkeitsform anzuwenden, weil grundsätzlich erstmal alle etwas älteren Menschen mit „Sie“ angesprochen werden, ich jedoch von ihnen geduzt werde, sodass ich die verwendete Form nicht einfach kopieren kann. Außerdem hängt man hier an fast alles ein -ita/-ito, das ich im Kopf immer wegstreiche, damit ich die Vokabel erkenne, z.B. cosita (für cosa = Sache), horita (für hora = Stunde), abuelita (für abuela = Großmutter).

Dadurch höre ich jetzt auch auf Anita oder Ani (bei den Schülern/innen gerne auch Teacher oder Profe), wobei ich Anna bevorzuge. Also insgesamt kann ich grundlegende Dinge schon gut: Nach Weg /Uhrzeit/Produkt fragen; etwas bestellen; sagen, dass ich etwas gerne mag, es mir hier gefällt, etc. Grammatik und komplexere Zusammenhänge erklären, kann ich noch nicht fehlerfrei.

Was sind deine Pläne für die nächsten Monate?

Ich habe keine großen Pläne gemacht, weil ich denke, dass sich viele Dinge irgendwie ergeben, je nachdem mit wem man redet, kennenlernt, was für Orte und Plakate ich entdecke. Der wunderschöne Ausflug in das Tal, in dem wir an den Felsen geklettert sind, war beispielsweise nicht geplant, aber diese Chance hat sich ergeben. Mit den Kletterern möchte ich noch einige Touren am Wochenende machen.

An diesem Wochenende fahre ich nach Baños, ein sehr bekannter Ort, ca. eineinhalb Stunden mit dem Bus, entfernt. Dort treffe ich mich mit anderen Freiwilligen. Das darauffolgende Wochenende ist durch den Feiertag zur Unabhängigkeit Guayaquils am Montag verlängert. Vielleicht fahren wir dorthin und schauen uns die Stadt und die Feste an. Außerdem würde ich gerne an den Krater Quilotoa fahren (der sieht traumhaft aus), nach Cuenca, andere Freiwillige in ihren Orten besuchen, an die Küste und außerdem viel wandern, klettern bzw. bergsteigen. Außerdem natürlich Riobamba und die Umgebung genauer erkunden. (Fotos meines ersten Stadtrundganges hier). Ich habe schon Termine für TedX-Talks in Riobamba, Cuenca und Loja gesehen, die ich mir gerne anschauen würde.

Bei alldem möchte ich mein Spanisch weiter verbessern, bis ich es flüssig und ohne zu zögern sprechen kann.

Auch in der Schule werde ich erstmal schauen, wie sich meine Rolle im Unterricht entwickelt, am liebsten hätte ich weniger Klassen, aber diese häufiger. Dann könnte ich etwas vorbereiten und den Unterricht gestalten. Aber es ist ja erst die zweite Woche und die Schule hat schon Erfahrung mit einem Freiwilligen gehabt. Zum Kennenlernen der Unterrichtsmethoden und Routinen an der Schule werde ich auf jeden Fall das erste Partial (Sechs-Wochen-Einheit) mit den anderen Lehrkräften mitgehen. Zurzeit begleite ich jeden Tag zwei Lehrkräfte, daher ist es schwerer, sich auf die wechselnden Personen und Klassen einzustellen.

Muchos Saludos de Riobamba,

Anna

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