Señales de vida – Lebenszeichen

Heute schicke ich euch Señales de vida (span. Lebenszeichen). Zum einen, weil ich mich schon lange nicht mehr gemeldet habe und viel zu berichten habe. Zum anderen fand ich diesen Titel passend, weil ich langsam das Gefühl habe, hier wirklich zu leben.

Unter der Woche

Unter der Woche bin ich nach der Schule viel bouldern in der Kletterhalle. Ich gehe durch die Stadt, hab angefangen, den Roman „Die Bücherdiebin“  im Spanischen zu lesen. Ausserdem hab ich mich mit anderen getroffen und war mehrfach in der Casa de la Cultura. Dort gibt es eine Bücherei, ein Cafe, Tanzstunden und Musikkurse neben kulturellen Veranstaltungen wie Theateraufführungen oder Konzerte. Diese Woche war ich zum ersten Mal in einer Reihe, die sich Martes de Buen Cine nennt (Dienstag des guten Kinos). Sie zeigen wöchentlich unabhänige, kleinere Filme oder Dokumentationen zu einem bestimmten Thema.

Im Anschluss an den Film hab ich in einer Bar ein sehr interessantes Gespräch über die indigene Bevölkerung Ecuadors gehabt. Solche tiefer gehenden Gespräche möchte ich noch häufiger führen. Auch mit meinem Gastbruder habe ich in letzter Zeit mehr geredet. Ich habe jede Menge Fragen, die ich stellen möchte. Andere Freiwilligen in verschiedenen Ländern und ich planen zur Zeit ein Projekt in diese Richtung, sobald es soweit ist, berichte ich euch davon.

An den Wochenenden

Meine Wochenenden waren sehr voll, was ich sehr genossen hab, denn ich mag es , micht gut zu unterhalten oder etwas unternehmen

Nach Baños

Mit anderen Freiwilligen meiner Organisation habe ich mich in Baños de Santa Agua getroffen. Dies ist ein kleiner Ort ca. 2 Busstunden von hier entfernt, der als Tor zwischen Amazonasgebiet und Hochland gilt.

Wasserfall an der Ruta de las Cascadas

Wir haben uns Mountainbikes geliehen und eine Radtour an der Route der Wasserfälle gemacht. Die Natur war beeindruckend schön, mich persönlich hat ein bisschen gestört, dass wir nicht die einzigen waren, sondern Busse mit dudelnder Musik an einem vorbeifahren und man an jedem Aussichtpunkt gefragt wird, ob man nicht irgendeine Aktivität machen will, da viele Touristen dort langfahren und nicht nur die Wasserfälle bewundern, sondern einen Adrenalin-Kick beim Bungeejumping oder Canopying suchen.

Glücklich trotz Nieselregen, nachdem ich mal wieder Rad gefahren bin

Jedoch war ich so glücklich, nach gefühlt viel zu langer Zeit wieder Rad zu fahren. (Seit gestern bin ich übrigens endlich stolze Besitzerin eines eigenen, gebrauchten Rads!)

Am Pailon de Diablo

Nach einem leckeren Mittagessen (zusammengestellt aus „Beilagen“, da wir im ganzen Ort kein vegetarisches Gericht gefunden haben und wir mit der Aussage „wir sind Vegetarier“ – auch die lautesten Werber abgeschreckt haben“) sind wir schließlich zum Pailon de Diablo gelaufen, einem riesigen Wasserfall.

Nass gespritzt, aber glücklich wurden wir mitsamt Rädern auf der Ladefläche eines Kleintransporters mitzurückgenommen. Am Abend haben wir selbst Nudeln gekocht (und ja wir Deutschen haben noch nicht angefangen, dazu Reis zu kochen) und waren abends feiern. Es war schön, die anderen zu treffen, sich mit ihnen auszutauschen, wie es in den Familien und Schulen so ist.

Doch das nächste Wochenende, das durch das Feiertag der Unabhängigkeit verlängert war, wollte ich in Riobamba/“zuhause“ bleiben und schauen, was sich so ergeben würde.

In Riobamba/Tagesausflug Baños

Am Freitag wurde ich gefragt, ob ich mit auf ein Konzert gehen möchte, wo ich gerne zugesagt habe. Ich habe einige Vorgruppen gesehen (ab Mitternacht) und um zwei Uhr fing endlich die angekündigte Band „Ayawaska“. Ich blieb letztendlich nur eine halbe Stunde, um nicht später als drei Uhr nachts heimzukommen. Glücklicherweise schlief meine Gastmutter aber fest, sodass ich sie nicht aufweckte. Am nächsten Tag bin ich mit meinen Gastgeschwistern Steven und Mary auf eine Geburtstagsfeier mitgegangen.

Am Sonntag hat meine Gastfamilie mit mit einen Ausflug gemacht. Wieder nach Baños, das ich jetzt aus ihrer Perspektive kennenlernen konnte.

Casa de Arbol
Baños

Wir fuhren zu dem Aussichtspunkt „Casa de Arbol“ (span. Baumhaus), wo ich – theoretisch mit Blick auf den Vulkan Tunguragua – in Wirklichkeit vor einer traumhaften Nebellandschaft mit Regenbogen schaukeln konnte.  Da ich die Person, die einen anschubst, am letzten Wochenende kennengelernt hatte, ließ er mich die Warteschlange überspringen, die sonst eine Stunde gedauert hätte. Denn durch das verlängerte Wochenende war das Ausflugsziel noch überlaufener als sonst.

Nach Tena/Archidona

In der nächsten Woche hatte Vincent, ein Freund und Mitfreiwilliger,  Geburtstag, der dazu übers Wochenende einige Freunde eingeladen hatte. Daher fuhr ich am Freitag mit dem Reisebus an Baños vorbei (den Weg kannte ich inzwischen) und in den Oriente, also das Amazonas-Gebiet. In Tena spät abends angekommen traf ich mich mit den dortigen Freiwilligen in einer Bar an einem Fluss. Schon jetzt merkte ich den Unterschied zum Andenhochland. In Riobamba würde ich zu der Uhrzeit nur noch in Winterjacke rumlaufen, dortkonnte ich in dünner Bluse sitzen. Vincent wohnt in einem kleineren Ort namens Archidona in der Nähe von Tena, dort konnten wir in seinem Zimmer übernachten und am nächsten Morgen mit seiner Gastfamilie die Feier vorbereiten. Tagsüber merkte man den Klimaunterschied noch deutlicher, es war heiß und schwül. Gut, dass ich kurze Kleidung und Badesachen mitgenommen hatte, die ich bis dahin noch nicht gebraucht hatte. Denn mittags haben wir einen Ausflug zu einem Wasserfall gemacht, wofür wir ca. 20 min durch den Regenwald gelaufen sind, bis wir dort fast alleine den wunderschönen Ort genießen konnten, geschwommen sind und sogar heruntergesprungen sind.

Nach einer Wanderung durch den Regenwald sind wir zu diesem wunderschönen Wasserfall gekommen, wo wir schwimmen konnten. Dieses Mal zeigen die Bilder auch die Wirklichkeit, wir waren dort fast alleine.
Sprung vom Wasserfall

 

Am Abend haben wir zusammen gekocht und ein großes leckeres (und unauffällig rein vegetarisches) Buffet bereitet: Salate, Ofengemüse, Käsespätzle, Pizzaschnecken, Obstsalat, Erdbeeren mit geschmolzener Schokolade, … Wir haben die ganze Nacht draußen bei Kerzenlicht gesessen, gegessen und uns unterhalten.

Am nächsten Morgen bin ich mit dem Reisebus wieder nach Hause gefahren. Das geht hier so schnell, zuverlässig und einfach.

Reisen im Bus

Terminal in Baños

Man geht einfach zum Busterminal der Stadt, an einen Schalter der verschiedenen Anbieter und kauft sich ein Ticket, die sehr günstig sind: 2 Stunden nach Baños 2$; 6 Std. nach Tena 7,50$  (Wenn ich bedenke, dass ich für die Einzelfahrt von Friedberg nach Frankfurt für ca. eine halbe Stunde 8€ zahle). Die Busse fahren sehr häufig, sodass man nicht lange warten muss, bis einer zu seinem Zielort aufbricht. Während der Fahrt macht der Assistent des Busfahrers meist einen Film an, draußen kann man die beeindruckende Landschaft, Vulkane und Berghänge sehen. Bei den Stops an kleineren Dörfern steigen Verkäufer*innen ein, die verschiedenste Waren anpreisen und verkaufen, oder Menschen, die ihre Lebensgeschichte erzählen und um eine kleine Spende bitten. Ich reise sehr gerne so und finde es interessant, so das Land kennenzulernen. Eine Karte, wo ich gewesen bin, findet ihr hier:

Englisch-Unterricht

Neu eingerichteter Englisch-Fachraum für die Zweit- bis Viertklässler*innen

In der Schule läuft es weiterhin wie gewohnt, ich bin meist als Assistenz im Unterricht, einige Lehrerinnen und Lehrer lassen mich auch selbst den Unterricht halten, durch diese Abwechslung lerne ich viel dazu. In der Grundschule habe ich am Freitag geholfen, einen ungenutzten Raum als „English Class“ einzurichten. Diesen haben wir geputzt, aufgeräumt und einige Materialien für die Zweit- bis Viertklässler aufgehängt. Außerdem wollen die Lehrer*innen dort eine bessere Medienausstattung einrichten – mit Lautsprecher für Lieder und Audiodateien sowie einem Beamer. Englisch ist erst seit diesem Schuljahr in der Grundschule verpflichtend, daher ist dies eine Umstellung für die Schule, die Lehrer*innen und die Schüler*innen sowie scheinbar auch für die Regierung (die Schulbücher der 3.-4. Klasse sind auch nach sechs Wochen Schule noch nicht angekommen).

Mit den Englisch-Lehrkräften verstehe ich mich sehr gut, wir treffen uns einmal im Monat zu einem Fachbereichstreffen, wo erst Organisatorisches besprochen wird und wir dann die Geburtstagskinder der Monats feiern.

Gedanken

Themen, die mich beschäftigen, über die ich nachdenke und mich informiere, sind zum einen der Umgang mit Plastik und Müll hier. Weltwärts-Freiwillige in Ecuador haben dazu einen sehr guten Film gedreht: „Wir und der Müll“. Auch beschäftigt mich, wie Fleisch als fester Bestandteil des Essens angesehen wird  und Herkunft oder „Herstellungsbedingungen“ nicht hinterfragt werden. Aufgefallen ist mir auch, dass einige wenige Kinder in der Schule nicht so gepflegt sind und z.B. sehr schlechte Zähne haben.

Während zurzeit weltweit der Aufschrei #metoo Sexismus in der Gesellschaft öffentlich macht, beobachte ich die Rolle der Frau in Südamerika. Über das Portal https://amerika21.de/, das deutschsprachige „Nachrichten, Analysen und Hintergründe zu den politischen und gesellschaftlichen Prozessen in Lateinamerika“ bietet, informiere ich mich, um die ecuadorianischen Nachrichten, die ich im Fernsehen sehe oder in der Zeitung lese, besser einordnen zu können. Wie ich zu Beginn geschrieben habe, möchte ich auch gerne mehr über die indigenen Gruppen lernen.

So weit von mir, wie geht es euch im herbstlichen Deutschland? Wie sind/waren eure Herbstferien? Und ihr, die gerade anfangt zu studieren, wie habt ihr euch an den Unis, in den WGs und Studentenwohnheimen eingelebt? Ich bin sehr neugierig und freue mich, wenn ihr mir erzählt, wie es euch geht und wie es euch gefällt.

Muchos Saludos,

Anna

P.S.

Reisende und Blogger, die ich getroffen habe:

Tomas und Daniela, die wunderschöne Fotos von ihrer Südamerika-Reise machen und diese verkaufen, um sich die Reise zu finanzieren: https://www.instagram.com/acoupleacrosstheworld/

Luca und Cristian, die in fast zwei Jahren um die Welt reisen: https://www.facebook.com/fabbrothers.worldtour/

Die  Blogs anderer Freiwilligen findet ihr hier: Nachrichten aus aller Welt

Dankeschön an die liebe Hannah (hannahinecuadorblog.wordpress.com), die mir immer ihre Fotos schickt, von denen ich einige auch hier verwendet habe!

 

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